
Manchmal entdeckt man eine Stellenanzeige und weiß sofort: Das ist meine Chance.
Genau so ging es mir, als ich mal eine Ausbildung als "Kaufmann für audiovisuelle Medien" bei einem großen Medienkonzern sah - eine Ausbildung, die nicht nur kreatives Denken, sondern auch ein tiefes Verständnis für Medien und deren Produktionsprozesse verlangt. Als ich die Stellenanzeige las, stand dort, dass Bewerber die „Medien von heute nutzen und überraschen“ sollten. Und genau das wollte ich mit meiner Bewerbung erreichen. Challenge accepted.
Damals lief gerade der erste Teil der SAW-Filmreihe - ein Film, der mich faszinierte, weil er mit einem unerwarteten Twist endete. Und genau diesen Überraschungseffekt wollte ich für meine Bewerbung nutzen.
Ein Bewerbungsprozess wie ein Thriller
Ich produzierte ein mysteriöses Video mit mehreren Sequenzen:
- Eine Szene zeigte mich in einem dunklen Tonstudio - Kapuzenpullover über den Kopf gezogen, das Logo des Medienkonzerns auf dem Rücken.
- Mit Gummihandschuhen und Pinzette klebte ich Buchstaben aus einer Zeitung auf ein Blatt Papier - einen "Erpresserbrief", der nur eine Webadresse enthielt.
- Im Video erklärte ich, dass auf der Rückseite des Briefs ein Code steht - allerdings nur sichtbar mit UV-Licht.
- Meine Stimme, die ich mit einem Diktiergerät aufgenommen und bewusst verzerrt hatte, verstärkte die Atmosphäre und die Spannung.
Ich verschickte diesen Brief zusammen mit einer UV-Lampe an den Medienkonzern. Auf der Webseite, die ich extra für das Projekt erstellt hatte, gab es nur zwei klickbare Elemente. Das eine führte zu dem Video und das andere zu einer verschlüsselten PDF-Datei. Das Passwort? Natürlich der Code vom Brief. Erst mit diesem Code konnten sie meine Bewerbungsunterlagen lesen.
Die große Ernüchterung
Voller Vorfreude wartete ich auf eine Antwort. Tage vergingen – nichts. Schließlich griff ich zum Telefon und fragte nach.
Die Antwort der Personalabteilung?
"Ach, die Geschichte. Nein, das wird leider nichts." Aufgelegt.
Keine Rückfragen, kein Feedback - nichts. Ich war fassungslos. Wie konnte eine Firma, die nach kreativen Bewerbungen suchte, so uninteressiert und kurz angebunden sein?
Warum diese Absage trotzdem ein Erfolg war
Erst war ich frustriert. Doch je länger ich darüber nachdachte, desto mehr wurde mir klar: Ich fands geil.
- Die Bewerbung war genial - Sie hat genau das getan, was gefordert war: überrascht.
- Ich habe dabei viel gelernt - Über Storytelling, Medienproduktion und kreative Prozesse.
- Ich hatte Spaß - Der Bewerbungsprozess fühlte sich nicht wie Pflicht an, sondern wie ein cooles Projekt.
Und mal ehrlich: Will ich wirklich für ein Unternehmen arbeiten, das nicht mal fünf Minuten für eine so kreative Bewerbung übrig hat? Nein.
Mein Fazit: Kreativität lohnt sich - auch wenn sie nicht immer belohnt wird.
Diese Erfahrung hat mir gezeigt, dass Absagen nicht das Ende der Welt sind. Manchmal liegt das Problem nicht an uns, sondern daran, dass wir einfach nicht zum Unternehmen passen - und das ist vollkommen okay.
Wenn ich heute an diese Bewerbung denke, dann nicht mit Enttäuschung, sondern mit Stolz. Denn manchmal geht es nicht darum, ob man genommen wird - sondern darum, was man auf dem Weg dorthin erschafft.